St. Pauli – SVHU: Aufgeben war keine Option
Die Fans beider Mannschaften erlebten am Freitagabend auf der Feldarena ein Wechselbad der Gefühle, die neutralen Zuschauer eine unterhaltsame, aber auch sehr hektische Partie. Beide Mannschaften plagten personelle Probleme. Beim SV Henstedt-Ulzburg kam Indra Hahn von den 2. Frauen in die Startelf, während Vera Homp angeschlagen auf der Bank Platz nahm und über ein spätes Aufwärmprogramm auch nicht hinauskam. Auch beispielsweise Anika Michel, Ann-Cathrin Mitschke oder Lea Schneider stehen weiterhin nicht zur Verfügung, schauten aber zu. Der FC St. Pauli wird sogar von noch massiveren personellen Problemen verfolgt, obwohl sich Ginsberg und Ebrecht zurückmeldeten. Reiß, Ihben, Lübcke, Kuhnert, Kattenberg, Bodenstedt, Akgümüs, Wiese, Miotke, Kljajic und Windisch stehen Trainerin Rosemann allesamt teils langfristig nicht zur Verfügung. Und die Sorgen wurden durch diese Partie nicht geringer. Kurz bevor es losging, sorgte der St. Pauli-Anhang auf dem benachbarten Heiligengeistfeld für eine besondere Atmosphäre. Die Spielerinnen und der Anpfiff der Partie waren hierdurch allerdings keinesfalls behindert.
Was auch immer das Vorhaben des SV Henstedt-Ulzburg für den Einstieg in diese Partie gewesen sein mag, das Konzept ging nicht auf. Linda Sellami (6.) und Nina Philipp (10.), jeweils per Fernschuss, sowie Verena Mannes (17.) per Kopfball, brachten den FC St. Pauli nach einer guten Viertelstunde mit 3:0 in Führung. Allerdings muss man dem SVHU zugestehen, dass dieser schon vor dem 3. Gegentreffer begann, eine spielerische Linie zu finden und das dritte Gegentor in dieser Phase eher unerwartet war. Aber gegen das Konzept mit den Fernschüssen fanden die Gäste anfangs kein Mittel. Später wurde das deutlich besser. Doch zunächst gab es einen Schuss von Jennifer Michel, den Tara Zimmermann gut abwehrte. Dann erwies sich die St. Pauli-Defensive als nicht reaktionsschnell genug und Alexandra Filippow konnte den Ball unbedrängt erlaufen und auf die einschussbereite Alina Witt querlegen. Nach 30 Minuten war das 3:1 geschafft. Kurz darauf führte ein Zusammenstoß von Zimmermann und Witt zu einer längeren Behandlungsunterbrechung. Doch für Witt reichte es nicht mehr, sie musste noch vor der Pause durch Melena Lux ersetzt werden.
Der zweite Durchgang verlief dann sehr hektisch. Beide Teams produzierten viele Fehlpässe, phasenweise hatte nach zwei Stationen der Gegner den Ball. Das ging oft hin und her, bis dann plötzlich eine Spielerin den Ball und viel Platz um sich herum hatte. Daraus entstanden dann einige Torchancen, zunehmend eher für die Gäste. St. Pauli tat sich schwer, von Fernschüssen abgesehen, Gefahr auf das von Alicia Bautz gehütete Tor zu erzeugen. Bautz musste dennoch zweifach stark parieren, was ihr gelang.
Einen kräftigen Rückschlag gab es etwa 8 Minuten nach Wiederbeginn. Sanna Barudi hatte gerade signalisiert, dass die sich Probleme aus dem ersten Durchgang verbessert hatten und eine Auswechslung nicht nötig sei, da bekam sie in einer Aktion von Indra Hahn einen Schlag ab und musste lange behandelt werden. Wie schon bei Witt, ging es auch für Barudi nicht weiter. Für Barudi, die nun ohnehin einige Zeit fehlen wird, war die Partie damit ungeplant beendet. Als die Partie fortgesetzt wurde, Barudi wurde noch außerhalb behandelt, spielte der SVHU den Ball schnell in die Spitze, wo Lux mit ihrer Schnelligkeit Wernecke und die herausstürzende Zimmermann überlief und zum 3:2 einschoss. Der SVHU hatte die Überzahlsituation also genutzt. Erst danach konnte der FC St. Pauli Pauline Ginsberg einwechseln und die Vollständigkeit wiederherstellten.
Dem 3:3 nur vier Minuten später, erneut von Lux, ging eine feine Einzelaktion von Chiara Pawelec voraus, die sich im Strafraum der Gastgeberinnen durchsetze und scharf an den kurzen Pfosten flanke. Lux lief in die Flanke hinein und drückte den Ball ins Netz. Torhüterin Tara Zimmermann verletzte sich in dieser Szene an der Hand und musste ebenfalls lange behandelt werden. Schließlich fiel die Entscheidung, dass es auch für sie nicht weitergehen kann. Sie war damit die dritte Spielerin, die verletzungsbedingt ausscheiden musste. Da der FC St. Pauli bei den 1. Frauen derzeit nur über eine gelernte Torhüterin verfügt, musste eine Feldspielerin übernehmen. Die Wahl fiel auf Vivian Kellner. Sade Afun kam für Zimmermann in die Partie und übernahm die Linksverteidigung. St. Pauli musste nun auf diversen Positionen durchtauschen.
Aus Sicht des FC St. Pauli passte in diese inzwischen verkorkste Phase, dass nun auch noch ein Eigentor unterlief. Cathérine Knobloch hatte den ruhenden Ball von der Mittellinie nach vorne geschlagen und Julia Pastorek diesen unglücklich hoch über Kellner hinweg ins eigene Tor verlängert.
Spätestens jetzt, eigentlich aber schon einige Zeit davor, hatte der SVHU deutlich mehr vom Spiel. Zwar spielte dieser selbst auch hektisch und längst nicht alles klappte, aber defensiv stand man recht sicher und wenn es ein Team gab, welches sich offensiv durchsetzen konnte, dann war es der ehemalige Zweitligist. Kellner wurde wiederholt in ihrer neuen Funktion geprüft und bewies Talent. Machtlos war sie allerdings gegen den Schuss von Jennifer Michel. Diese hatte den Ball im Mittelfeld von Linda Ottlinger erhalten, ihren reichlich vorhandenen Platz genutzt, sich gegen Pastorek durchgesetzt, Maike Tiarks zwecks Doppelpasses eingebunden und dann gezielt eingenetzt. Der Angriff war sehenswert.
Für den SVHU war dieses 3:5 der krönende Abschluss einer Partie, an die man sich in Henstedt-Ulzburg, die Verletzung von Witt ausgenommen, noch einige Zeit gern erinnern wird. Man siegt nach einem 0:3-Rückstand auf des Gegners Platz nicht sonderlich oft mit 5:3. Aufgeben ist eben keine Option. Der FC St. Pauli hat gut begonnen, fand aber, nachdem der SVHU offensichtliche Mängel abgestellt hatte, kein Mittel, um sich offensiv zu behaupten. Und die personelle Situation ist durch die Verletzungen noch angespannter als zuvor.
Für St. Pauli geht es am 14. Oktober zum anderen Absteiger aus der 2. Bundesliga, den TV Jahn Delmenhorst, während der SV Henstedt-Ulzburg am selben Tag den SV Werder Bremen II empfangen wird.